Europa Tour 2022

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Vorstart

Startnummer 8
Team Müller-Heidelberg/Müller-Heidelberg

Spoiler

Velden am Wörthersee, Samstag 7. Mai 2022 18:29

Unser Sportwart Frank Zimmermann kann seine Freude nicht verbergen, als er den Sieger der 17. Europa Tour des MSC Bingen im ADAV e.V. nach vorne bittet. Erst zum zweiten Mal in der Geschichte der Tour gewinnt ein Team des MSC Bingen. Die Startnummer 8, das Team Müller-Heidelberg, auf einem 1970er Ford P7b 17m 1700S, erhält neben den Glückwünschen des Präsidenten Horst Honrath und des Fahrleiters Frank Zimmermann, unter anhaltendem Applaus der Mitstreiter, den Siegerpokal und Siegerkranz der Tour 2022.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Siegerehrung

Wie es dazu kam, und warum es eigentlich mehr als unwahrscheinlich war, dass es so kommen sollte, erfahrt ihr im weiteren Verlauf.

Rückblick: Pre Start

Appenheim, Montag, 2. Mai 2022

Diese Woche ist es soweit. Die lang ersehnte Europa Tour startet am Mittwoch. 2018 sind wir die letzte Tour mit Ziel Lago Maggiore mitgefahren. 2019 konnten wir die Tour nach Polen wegen eines Familienfestes nicht bestreiten. 2020 und 2021 fielen Corona zum Opfer. 2022 findet die für 2020 geplante Tour mit leichten Änderungen endlich statt.

Dieses Jahr sind meine Frau und ich zusammen noch keine Veranstaltung gefahren. Ich bin lediglich mit einem Bekannten im März die MSC Bingen ORI zur Beifahrerschulung gefahren. Mit dem roten G. Den 3. Platz haben wir ergattert und das obwohl Oliver so etwas noch nie gemacht hatte und auch keine Schulung absolvierte.

Gemeldet zur Europa Tour sind wir mit dem weißen P7b. Der steht noch eingemottet in der Garage. Um nicht vollkommen überrascht zu werden, will ich am Dienstag damit zur Arbeit fahren. Dann haben wir immerhin noch einen Tag, um im Zweifel etwas reparieren zu können.

Den Wagen zu reaktivieren, bedarf es im Vorfeld ein paar Aufräumarbeiten, welche ich mir für Montag Abend vorgenommen habe. Der rote G steht vor dem Ford und muss raus. Fero’s Umbaukettcar mit Motor muss aus der Gasse. Die Palette mit der alten Solo Fräse muss weg. Haube runter, Ladekabel ab, Schlüssel rein, zweimal Pedal durchtreten, Schlüssel drehen, und nach 8 bis 16 Umdrehungen springt der überholte V4 an. Unruhig poltert er ein wenig vor sich hin, bis er nach kurzer Zeit in seinen typischen gleichmäßigen Rhythmus fällt.

Was letztes Jahr so alles defekt war, ist leider noch immer defekt. Die kleinen Heinzelmännchen haben offenbar meine Garage nicht gefunden. Ich habe es leider auch nicht geschafft, mich mit der Tankanzeige auseinanderzusetzen. Die Beleuchtung der Instrumente geht weiterhin nicht. Das Fenster auf der Fahrerseite schließt ohne Hilfe nicht vollständig. Das leichte Poltern bei starkem Bremsen an der Vorderachse habe ich noch nicht untersucht und außerdem hört sich der Auspuff noch immer ein wenig zu laut an. Bei einer Rallye letztes Jahr ist uns das Hosenrohr der rechten Bank fast abgefallen und wir haben es nur wieder angeschraubt. Die Dichtung hat aber sicherlich gelitten und daher klingt der Wagen recht kernig.

Bei der ersten Fahrt fällt mir auf, dass der rechte Scheibenwischer merkwürdig steht. Ich schalte den Wischer kurz an, damit er korrekt in die Endlage fahren kann. Leider kommt er dort nicht an, denn kurz nach dem Schalten fällt der rechte Arm samt Lager einfach auf die Haube. Nur die Welle schaut noch raus. Anhalten, alles einpacken und weiter geht’s. Auf dem Parkplatz vor dem Haus ist mir dann schnell klar, dass ich den nicht wieder drauf bekommen werde. Die Welle ist ziemlich glatt, das hält nicht mehr. Einen Ersatz habe ich nicht und an das Gestänge kommt man so oder so nicht einfach dran. Egal – Hauptsache ich sehe was, die Beifahrerin soll auf die Karte schauen.

Appenheim, Dienstag, 3. Mai 2022

Die Testfahrt nach Mainz funktioniert problemlos. Der Ford beschleunigt, bremst und lenkt. Die Beleuchtung (außen) funktioniert vollständig. Heizung und Gebläse machen einen guten Job. Die Reifen haben passend Luft. Ich komme ohne Probleme zur Arbeit hin und auch wieder zurück.

Letzte Woche schon habe ich mit Nele darüber gesprochen, dass wir mit Gepäck und Werkzeug im Kofferraum ohne Befestigung oder Teppich keinen Spaß haben werden. Nele hat daraufhin ein passendes Stück Teppich gekauft und fertigt erst ein Schnittmuster und dann eine Teppicheinlage an. Da sieht der Kofferraum doch gleich viel wohnlicher aus und das Gepäck wie auch die „Notfallkiste“ rutschen nicht mehr unkontrolliert herum.

Während der Kofferraum einen neuen „Boden“ bekommt, baue ich den RallyeCounter2 und die AV Clock ein. Wie immer mit Saugnäpfen. Wir können dieses Hilfsmittel in einigen Fahrzeugen verwenden, da wir die Signalkabel in verschiedenen Autos verlegt haben. Beim Ford schlummert das Anschlusskabel im Aschenbecher und ist ansonsten unsichtbar.

Anreise Tag, Mittwoch, 4. Mai 2022, 16 Uhr.

Das Auto ist gepackt. Die Route zum Ziel (Mönchs Waldhotel, in Unterreichenbach/Schwarzwald) hat Nele schon ausgearbeitet. Die Kinder sind versorgt, eine Oma zieht bis Freitag ein und dann holt die andere Oma die beiden für das Wochenende ab. Um 19 Uhr ist Fahrerbesprechung.

Es ist wie immer, wenn wir auf der Autobahn sind. Nach 10 Minuten schläft Nele. Kein Problem, ich kenne den Weg und wenn wir in Pforzheim von der Autobahn runter fahren, kann ich sie ja wecken. Am Walldorfer Kreuz (A6/A5) fahre ich weiter auf der A6 weil ich für mich Stuttgart als Richtung abgespeichert habe. Nele fragt noch, warum ich nicht abgefahren bin, aber ich bin mir doch sicher, dass es die richtige Richtung ist. Das war natürlich ein Fehler und nach weiteren 15 Minuten Fahrt schwant mir, dass wir nicht auf der richtigen Fährte sind. Also bitte ich Nele die Sache per Karte mal kurz zu prüfen und „ja“, wir sind falsch. Verfahren, und das schon auf dem Hinweg. Meine Navigatorin findet dann aber schnell einen Weg von der Autobahn ab. Leider dauert es auf dieser Strecke einiges länger als erwartet und Stau gibt es auch noch. Wir haben es mittlerweile ein wenig eilig, denn vor der Besprechung wollen wir doch wenigstens noch einchecken.

Etwa 10 Minuten vor Ankunft fahren wir durch kleine Ortschaften. Die schmalen Straßen schlängeln sich auf und ab und hindurch. In einer sehr engen Rechtskehre kommt uns ein Bus entgegen. Wir fahren beide munter drauf los, ich auf meiner Seite der Straße, er dann in der Kurve mit der Mitte des Busses auch auf meiner Seite der Straße. Das Bankett rechts sieht nicht vielversprechend aus, aber immer noch besser als die Seite des Busses. Mein Ausweichmanöver verursacht ein leichtes Touchieren des Begrenzungspfostens, welcher sich an meiner rechten Seite ein wenig abrollt. Im Spiegel sehe ich, dass er noch steht, also kein Problem. Der Bus hält nicht, also was soll es, wir haben auch keine Zeit.

Das Hotel finden wir mühelos und es ist sogar noch Zeit für die Referenzstrecke. Start auf dem unteren Hotelparkplatz. 2,5km soll die Strecke bis zum Ortsschild Unterreichenbach sein. Unser Streckenmessung mittels RallyeCounter2 passt auf 10m. Also zurück zum Hotel. Noch nicht ganz auf dem Parkplatz angekommen fängt es an zu regnen. Leider angekündigt und auch für den Rest der Woche bis Sonntag. Ich hab ja noch einen Scheibenwischer. Also kein Problem.

Die rechte Seite des Autos, die Bekanntschaft mit dem Begrenzungspfosten gemacht hat, ist nicht beschädigt. Es ist lediglich ein bisschen Dreck vom Pfosten abgerieben, den man mit einem Lappen leicht entfernen kann. Dazu habe ich aber jetzt im Regen keine Lust. Der Rallyestreifen darf erstmal bleiben.

13 Teams haben sich eingefunden. Das ist sehr wenig. Die Ungewissheit, ob die Veranstaltung stattfinden kann, hat einige abgehalten, aber auch die Problematik mit Corona an sich hat viele der ansonsten regelmäßigen Teilnehmer dieses Jahr verunsichert. Um so schöner, dass der MSC Bingen die Tour auch mit 13 Teilnehmern durchführt.

Es ist ein buntes Feld. Viele alte „Recken“ sind dabei, die schon zu Zeiten der legendären Tour d’Europe in den 70ern, damals noch nach Bestzeiten, mit unserem Präsidenten Horst Honrath 70 Stunden und länger Gas gegeben haben. Ein Team aus Dänemark fährt mit. Berlin, Hamburg, Hannover, Bremen aber auch Coburg und Adenau. Wir freuen uns schon gemeinsam auf die Tour.

Beim Abendessen sitzen Teilnehmer vom MSC Coburg mit am Tisch und kurzerhand bildet sich das „ABC-Team“. (Adenau Bingen Coburg). Wir werden uns also die kommenden drei Tage ein wenig unterstützen in Sachen Routen und Stummen Wächtern. Die Europa Tour ist zwar auch eine ORI, aber gewinnen kann man nur, wenn man es fahrerisch hinbekommt. Die 3 Fehlerpunkte für eine ausgelassene SK/OK sind nicht weiter schlimm, aber pro Sekunde Vorzeit 3 Strafpunkte und pro Sekunde Nachzeit immerhin noch 2 Strafpunkte, schlagen ins Kontor. Wir haben das zweiälteste Auto am Start. Es gibt noch einen 62er Volvo. Dann kommen wir mit dem 70er Ford und weiter geht es mit Adenau in einem 75er Audi 50. Das ist insofern wichtig, als dass es für die ältesten Fahrzeuge einen Rabatt auf die Strafpunkte gibt. Die Europa Tour ist nämlich keine Oldtimerveranstaltung. Man kann mit einem modernen Fahrzeug fahren, wie unsere Team Mates aus Coburg, die mit einem neuen E-Klasse Cabriolet dabei sind.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Vorstart

Nach dem Abendessen werden die Fahrunterlagen verteilt. Wir haben Startnummer 8. Unsere Navigatorinnen gehen die Strecke für die morgige Etappe durch. Es wird mit Lupe, Zirkel und Rädelrad gemessen, wie der kürzeste Weg zwischen den Würmern zu fahren ist. Wie immer sind kleine „Gemeinheiten“ auf den Karten eingebaut. Befahren werden dürfen nur Straßen, die auf der Karte zwei Linien haben. Nur Straßen, die auf der Karte vorhanden sind, sind erlaubt, manche wurden entfernt, damit man mit einem Navi nicht einfach den Weg eingeben kann. Mit einem Whiskey von der Bar in der Hand helfen wir Fahrer, wo wir können und nach getaner Arbeit gehen wir früh ins Bett. Die kommenden Tage werden anstrengend.

Rallye: Ab jetzt wird es ernst!

Rallye Tag 1, Unterreichenbach, Donnerstag, 5. Mai 2022

Der Wecker klingelt um 6:30 Uhr. 7:00 Uhr Frühstück. Start für die #8 um 08:27 Uhr am unteren Parkplatz. Direkt mit dem Start beginnt die erste GLP. Schnitt 46 km/h. Ende der GLP am Ortseingang Schellbronn. Das Feld sammelt sich zur GLP und pünktlich im 08:20 Uhr startet das Team aus Berlin mit Startnummer 1 in einem 62er Volvo.

Jede Minute ein weiteres Fahrzeug. Die Startnummer 7 hatte technische Probleme und hat sich deshalb von „Sport“ auf „Wandern“ umgemeldet. Wir haben also eine Minute Leerlauf und stellen unsere Gerätschaften ein. Auf dem RallyeCounter2 wird alles genullt. Der Schnitt-A steht auf 46. Einen Schnittwechsel haben wir diesmal nicht. Die Funkuhr tickt runter und um 08:09:00 drückt Nele „Start“ auf dem RallyeCounter2. Wir starten mit Vollgas in die erste GLP. Schon nach der ersten Kurve weiß ich, dass hier was nicht stimmt. Die AV Clock wandert stetig gegen 30+ (Anschlag), obwohl ich schon lange auf Geschwindigkeit bin und die Uhr sich bei 0 einpendeln sollte. Irgendwas passt nicht zwischen RallyeCounter2 und AV Clock. Wir sind blind. Das ist ein Schock, denn man weiß, dass es ohne kaum gehen wird. In diesem Moment sind alle Hoffnungen dahin und am liebsten möchte man umdrehen und nach Hause fahren. Wir haben uns aber auf die Tour und nicht auf das Ergebnis gefreut und deshalb genügen nur Bruchteile von Sekunden, wenige Worte und Blicke, um den Spaß und den Mut nicht zu verlieren. Nele meint nur recht trocken, dass ich „nach Gefühl“ fahren soll. Damit war schon alles gesagt. Der Schreck hat uns einiges an Zeit gekostet und deshalb gebe ich Gas was geht. Im leichten Drift geht es aus dem Waldstück auf die Straße nach Unterreichenbach. Dort nach STVO mit 50km/h weiter und im Verlauf sagt mein Bauch, dass wir jetzt die Zeit ganz gut aufgeholt haben müssten. Aus Unterreichenbach raus in Richtung Schellbronn geht es in die erste Kehre. Beim Rausbeschleunigen aus der 1. Kehre auf die 2. Kehre hin sehe ich eine Stempelkontrolle (Selbststempler) am rechten Rand. Ich rufe „Stempel“ und Nele wirft schon alles vom Schoß und versucht sich abzuschnallen. Der Ford hat keine Automatikgurte und der Verschluss ist ein wenig hakelig. Nele stürmt aus dem Auto. Der Stempel ist ein Buntstift mit dem man einen Punkt an dem passenden Feld der Bordkarte machen muss. Die Mine ist schon abgebrochen, aber es geht noch. Zurück im Auto muss ich wieder hart Gas geben, denn wir haben jetzt natürlich wieder viel Zeit auf den Schnitt verloren. Die geheime Messung findet in einem Waldstück statt. Nicht viel Zeit/Weg, um den Schnitt zu korrigieren. Mein Baugefühl ist mittlerweile auch vollkommen durcheinander und wir geben einfach nur noch Vollgas bis ins Ziel.

Nach der 1. GLP gilt es einige Kartenaufgaben zu lösen und in Richtung Autobahn zu gelangen. Das Ziel der heutigen Etappe ist Reit im Winkel. Bis dahin sind es etliche Kilometer. Weitere drei GLPs sind zu fahren. Wir müssen spätestens um 17:23 Uhr im Ziel sein, um keine Strafpunkte zu bekommen. Die weiteren GLPs müssen wir mit GPS fahren. Die ersten Jahre unserer „Rallye Karriere“ haben wir die Investition und den Einbau von Technik in die Fahrzeuge gescheut und sind immer mit App gefahren. Aber es stellte sich schnell heraus, dass mittels GPS die Messungen nicht genau genug sind. Einen Exkurs, warum das so ist und weshalb es in Niedersachsen vielleicht noch geht, in der Eifel oder den Alpen eben nicht mehr, erscheint zu späterer Zeit in diesem Blog. Wir nutzen „CMM-Ultra“ und „GLP Master Classic“. Am ersten Tag nutzen wir nur GLP Master, denn es ist in der Darstellung der AV Clock ähnlich und lässt sich für den Fahrer besser ablesen.

Der Zeitplan des ersten Tages lädt nicht zum Bummeln ein. Die 2. GLP haben wir erst 1:30 min nach unserer eigentlich Startzeit starten können. Gut, dass es 3 Minuten Karenzzeit gibt. Die 3. und 4. GLP konnten wir pünktlich beginnen.

Vor der 3. GLP war eine Mittagspause geplant. Was auch immer der Fahrleiter sich dabei ausgemalt hatte, die Küche des Cafés, an dem die GLP startete, brauchte für den Kaiserschmarrn länger als erwartet und wir nehmen ihn in kürzester Zeit zu uns, um pünktlich starten zu können.

Die gesamte Strecke führt im Wechsel immer wieder nach Österreich und wieder zurück. Teilweise verläuft die Straße auf der Grenze. Wunderschöne Landschaften, Seen, Berge, Täler und Wald säumen den Weg. Wenn wir es nicht so eilig hätten, hätten wir sicherlich das eine oder andere Foto mehr gemacht.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Idylle

Wir kommen mit geringer Vorzeit (beim Ziel erlaubt) im Hotel Unterwirt in Reit im Winkel an. Das Auto hat brav den Tag überstanden und parkt nun in der Tiefgarage. Traditionell bekommen wir bei Zielankunft ein Zielbier, welches in der Gruppe der Teilnehmer genossen wird. Die Bordkarte geht bei der Einfahrt direkt an den Fahrleiter, der mit der Auswertung nach Eingang der letzten Karte beginnt.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Reit im Winkel

Das Hotel ist sehr schön, die Zimmer modern und stilvoll eingerichtet. Ein bisschen müde und abgeschlagen begeben wir uns erstmal aufs Zimmer. Die AV Clock und das Kabel, wie auch den Werkzeugkoffer nehme ich mit. Ein bisschen Hoffnung habe ich doch, dass es vielleicht nur ein Problem mit dem Kabel ist. Immerhin bekommt er Strom und das Startsignal, aber offensichtlich nicht den Schrittimpuls. Ich nehme die Stecker auseinander. Alle Kabel dran. Ein Multimeter habe ich nicht dabei, durchmessen kann ich es also nicht. Eine andere Lösung muss her.

Auf dem Weg zum Abendessen schauen wir auf den Aushang des ersten Tages. Wir sind Tagessieger? Die 1. GLP sind wir „nur“ 8 Sekunden zu langsam gewesen. 40 Strafpunkte. Diese GLP hat vielen die maximale Anzahl an Strafpunkten (180) gebracht. Der Stempler war der Killer. Ich möchte behaupten wir hatten Glück, aber die Freude war groß. Eine ZK und eine OK haben wir wohl ausgelassen. Wir hatten es aber auch eilig, da kann man so ein kleines Schild am Rand schon mal übersehen. Den Rest der GLPs haben wir mit GPS gut hinbekommen.

Das Abendessen war sehr gut und der Grüne Veltiner hat dazu hervorragend geschmeckt. Am zweiten Tag wird die Tour nicht in der Gruppe geplant. Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen und die sind nicht immer kompatibel.

Das GPS Problem wird die kommenden Etappen schlimmer werden, denn es wird bergiger und die Kehren werden enger. Die Lösung ist eine Kombination aus GPS, RallyeCounter2 und Schnitttabelle. Das haben wir in der Form noch nie gemacht und Nele ist besorgt, ob sie diesen Dreiklang bewältigen kann und dabei auch noch den Weg findet. Wenn es nicht klappt, fahren wir eben nur nach GPS, aber probieren müssen wir es.

Ein bisschen kommt nun, nach dem Schock aus der 1. GLP, doch der Wille jetzt auch gewinnen zu wollen. Das entsprach bei der Nennung zur Tour noch nicht unserer eigenen Erwartung, wissen wir doch, dass wir noch lange nicht alles können und wissen. Außerdem ist dies immerhin die erste Veranstaltung dieses Jahres für uns.

Rallye Tag 2, Reit im Winkel, Freitag, 6. Mai 2022

Der Wecker klingelt wieder um 6:30 Uhr. 7:00 Uhr Frühstück. Es hat offensichtlich niemand damit gerechnet, dass wirklich um 7 Uhr Gäste frühstücken wollen. Jedenfalls ist das Frühstück erst mit einer Viertelstunde Verzögerung vollständig. Dies ist insbesondere für die Vorausteams blöd, denn die müssen sich vor dem Teilnehmerfeld in Position bringen und entsprechend früher losfahren. Start für die #8 um 08:28 Uhr. Ausfahrt Tiefgarage.

Für die GLPs nehmen wir nun die App „CCM-Ultra“. Dort ist eine Funk-Uhr (Internet) integriert und eine Stoppuhr läuft ab Startzeit. Die Schnittfunktion ist ebenfalls gut. Somit haben wir die Komponente Schnitt (GPS) und Stoppuhr erschlagen. Die Schnitttabelle bringt Nele die App „GLP Schnitttabelle“ auf das iPad und der RallyCounter2 liefert die Wegstrecke. In dieser Kombination kann Nele alle 500m den Weg zur passenden Zeit auf der Tabelle kontrollieren und mir sagen, wie weit die GPS Anzeige zu korrigieren ist. Ich kann so viel vorweg sagen, es klappt hervorragend und meine Frau meistert die Aufgaben mit Bravour.

Am zweiten Tag stand der Pass über den Großglockner an. Es war bis kurz vor dem Abzweig noch nicht klar, ob der Pass überhaupt offen sein würde. Er ist es, und ich muss wirklich sagen, dass es ein Erlebnis ist, mit einem alten Auto über den Pass zu fahren. Selten bin ich bergauf über den 2. Gang gekommen. Es geht steil aufwärts und die Kehren sind sehr eng. Und doch muss ich auf dem Weg nach oben einen großen neuen Pick-Up Truck mit einem gelben Nummernschild überholen. Der fuhr mir doch einfach zu langsam.

Das Wetter spielt leider nicht mit. Dicke Wolken verbergen den schönen Blick. Auch ganz oben kann man nur erahnen, welches Naturschauspiel sich bieten würde, wäre die Sicht klar. Eine kurze Pause und ein Bild auf 2428 Metern lassen wir uns auch unter Zeitdruck nicht nehmen.

Bergab wird es nicht weniger anstrengend als bergauf. Die Bremsen eines 52 Jahre alten Autos sind nicht mit heutigen Bremsen zu vergleichen. Ich bremse also mit Motor und Bremspedal, um immer auch mal wieder ein bisschen laufen zu lassen. Alles in allem kommen wir ohne Probleme unten an. Das Poltern an der Vorderachse erscheint mir ein wenig häufiger als sonst üblich, aber es fühlt sich alles noch gut an und somit haben wir den Großglockner gemeistert.

Defekte und Reparaturen sind bei alten Autos an der Tagesordnung. Da muss man sich zur Not zu helfen wissen. Eine Teilnehmerin mit einem Audi aus den späten 80ern berichtet von einer sehr schwergängigen Kupplung. Ein kurzer Blick unter die Haube offenbart das Problem. Der Kupplungszug wurde per Kabelbinder an einem Luftschlauch befestigt. Unter leichtem Zug. Der Einsteller des Kupplungszuges ist gebrochen und wegen des seitlichen Zugs ist er am Bruch abgeknickt. Damit muss er bei jedem Tritt „ums Eck“, womit er sich schwer tut. Gemeinsam mit einem Kollegen vom Team aus Hannover „schienen“ wir den Bruch und entlasten den Zug. Die Fahrt kann weiter gehen.

Das Vater-Sohn Team mit der Startnummer 7 hat mittlerweile den zweiten Keilriemen drauf und beklagt einen leichten Ölverlust am Rücklauf des Turbos. Der Service in diesem Teil Europas stimmt jedenfalls, denn die beiden haben keine Probleme von Störfall zu Störfall eine Werkstatt zu finden, die den 92er Maserati immer wieder auf die Straße bringt.

Das Wetter in Richtung Süd-Osten erweist sich als unnachgiebig schlecht und es regnet immer wieder. Mal mehr, mal weniger. Jedenfalls ist es mit einem Scheibenwischer recht gut auszuhalten. Es kommt aber dann irgendwo zwischen der 2. und 3. GLP dieses Tages, wie es kommen musste. Der zweite Wischer bleibt beim Wischen in der Mitte der Scheibe stehen und bewegt sich nicht mehr. Es muss also ohne gehen, und es geht auch ohne. Jedenfalls gute fünf Minuten. Dann merke ich, wie es unter dem Armaturenbrett warm wird. Es fängt auch an zu riechen. Für mich ist klar, der Wischermotor will sein Intervall fertig machen und kann nicht. Also brennt er durch. An der nächsten Gelegenheit, einer Tankstelle, fahre ich raus. Motorhaube auf, Sicherung raus. Tanken. Manuell kann ich den Wischerarm nicht bewegen, die Welle ist auf der rechten Seite durch das Loch gefallen. Das Gestänge hat sich offensichtlich verhakt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als so weiter zu fahren und später zu probieren, das Problem zu beheben. Wenigstens soll der Wischer aus dem Sichtfeld, besser wäre es noch, wenn eine Seite auch wieder wischt.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Scheibenwischer

Eigentlich ist nach dem Großglockner noch ein weiterer Pass zu befahren, der uns erst nach Italien und dann über Slowenien zurück nach Österreich bringen soll. Leider ist der Pass aber wegen Bauarbeiten gesperrt. Der Fahrleiter hat dies als mögliches Szenario eingeplant und eine alternative Strecke angegeben. Die Tour verkürzt sich um eine gute Stunde und sicherlich auch um ein schönes Erlebnis.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Pass gesperrt

Der Rest der Rallye verläuft erstmal ohne weitere Probleme. Wir kommen mit Vorzeit im „Seehotel Europa“ in Velden am Wörthersee an. Das obligatorische Zielbier, Gespräche, einchecken. Da wir Zeit gespart haben, bleibt genug Zeit bis zum Abendessen. Ich nehme eine 60 minütige Massage, meine Beifahrerin geht ein bisschen Shoppen.

Nach der Massage treffe ich mich mit meinem Team Kollegen Jörg vom MSC Adenau am Auto. Wir überlegen, ob man irgendwie an das Gestänge kommen kann. Leider kommt man an den Motor nicht so einfach dran. Man müsste das Armaturenbrett entfernen. Das Risiko gehe ich nicht ein. Von der Position her müsste man aber das Gestänge auch über den Handschuhkasten erreichen. Der ist schnell abgeschraubt. Man kann ihn nicht rausnehmen, aber so zur Seite schieben, dass man an das Gestänge kommt. Das hat sich eindeutig verklemmt, aber man kommt so auch an die Welle. Jörg hat die kleineren Hände und mehr Erfahrung. Er kann die Welle wieder durch das Loch fädeln und ich sichere sie von außen mit einem Kabelbinder. Zündung – und siehe da, der linke Wischer geht wieder.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Scheibenwischerwelle

Vom Parkplatz geht´s zum Aushang der Tagesergebnisse. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, die erste WP des Tages haben wir, trotz Bergen, mit 0 Sekunden Abweichung bestritten. Die zweite GLP mit 1 Sekunde Vorzeit. Keine Strafpunkte aus der ORI. Das heißt, auch an Tag 2 steht das Team Müller-Heidelberg auf dem 1. Platz. Einen Start-Ziel Sieg hat es bei der Europa Tour, nach Aussage des Fahrleiters, noch nie gegeben. Die Anspannung steigt, sollten wir es wirklich zum Sieg schaffen?

Der Abend klingt bei einem fulminanten Essen und gutem Wein aus. Hier hätte die Küche eigentlich mehr textliche Aufmerksamkeit verdient, aber dies ist kein Food-Blog. Eine Violinistin, begleitet von einem Mann mit Akkordeon, sorgt für gute Stimmung. Auf meinen persönlichen Wunsch spielt die Dame auf der Violine eines meiner absoluten Lieblingslieder. Ode an die Freude, aus dem 4. Satz der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Die Europahymne als Hommage an die Europa Tour. Sie kommt dafür sogar an unseren Tisch, um zu spielen. Soviel Aufmerksamkeit habe ich nicht erwartet, es ist mir sogar etwas peinlich. Ob der Darbietung bin ich sehr erfreut und zeige mich selbstverständlich erkenntlich.

Morgen ist der Finaltag. Der schwierigste Teil der Veranstaltung. Die Konzentration nach zwei Tagen leidet ein bisschen. Die Prüfungen sind am letzten Tag härter und die ORI Aufgaben kniffeliger. Wir gehen später ins Bett, denn das Hotel macht erst ab 07:30 Uhr Frühstück. Die Aufregung ist da, ich jedenfalls schlafe unruhig. Der eigene Anspruch ist jetzt ganz klar: Gewinnen!

Rallye Tag 3, Velden am Wörthersee, Samstag, 7. Mai 2022

Wir sind die ersten Gäste dieses Jahr im Hotel. Die Saison startet dieses Wochenende. Damit ist das Team noch nicht so wirklich eingespielt und das für 07:30 Uhr avisierte Frühstück kann erst mit Verspätung starten. Das Warten hat sich aber gelohnt. Das Hotel ist mit Abstand das beste Hotel dieser Tour. Schön, dass wir zwei Tage hier sind.

Die Aufgaben heute sind im Bereich der ORI am anspruchsvollsten. Die GLPs laufen auf kleinsten Straßen durch Feld und Wald, bergauf und bergab. Schnitt fahren und den Weg finden ist eine Aufgabe, die gutes Multitasking erfordert. Wir sind weiter mit GPS und paralleler Schnitttabelle unterwegs und es klappt auch hervorragend. Denken wir jedenfalls.

Start 09:08 Uhr. Die erste GLP startet 10 Minuten nach dem Start. Der Weg dorthin ist nicht ganz einfach zu finden. Die Wächter unterwegs lassen uns glauben, auf dem richtigen Weg zu sein. Die GLP, mit einem Schnitt von 34 km/h, geht durch kleine Straßen und kleine Ortschaften. Innerhalb der GLP ist der Weg nicht ganz eindeutig. Den kürzesten Weg hat meine Beifahrerin schon am Abend vorher ausgeklügelt. Dennoch ist die Ansage von dem Beifahrersessel eindeutig: Mit dem Schnitt muss ich selber klar kommen, sie organisiert den Weg. Korrigiert wird nur wenn es geht.

Während der ersten GLP überholen wir die Startnummer 6, die Startnummer 4 habe ich im Rückspiegel und die Startnummer 3 biegt vor uns aus einer Richtung ab, die eigentlich nicht richtig sein kann. Kurzum, hier werden viele Strafpunkte generiert.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Staub

Es regnet den ganzen Tag. Die gestrige Reparatur tut ihren Dienst hervorragend. Bei einer kurzen Verbindungsetappe auf der Autobahn beschlägt die Scheibe immer mehr. Ich stelle die Gebläsestufe auf „volle Möhre“ und alles auf die Scheibe. Nach ca. 10 Minuten stehe ich irgendwie im Nebel, als sich der Dreck der letzten 50 Jahre aus dem Lüftungssystem schlagartig löst und als schwarze Flöckchen in den Innenraum geblasen wird. Wir müssen kurz anhalten und uns abklopfen. Immerhin blieb danach die Scheibe immer schön klar.

Im weiteren Verlauf geht es durch recht unwegsames Gelände. Bei einer ORI Aufgabe sage ich zu Nele, dass es ein Feldweg sei und ich nicht reinfahren werde. Sie meint, ich müsse das doch. Links ist man Befehlsempfänger und nicht Kommandant. Also fahren wir den Feldweg und ja, der Weg war richtig. Die stummen Wächter (OK) zeigen dies eindeutig an.

Es ist ca. 20 km vor der letzten GLP und dem Ende der Tour als wir aus besagtem Weg kommen. Asphalt wechselt sich mit Schotter ab. Schlaglöcher gibt es auch. Alles steht voller Wasser, denn es hat geregnet. Es ist in der Tat kein Landwirtschaftsweg, sondern einfach eine Straße letzter Ordnung. Es geht in einer leichten Kurve aus dem Wald heraus und mündet in einem Bergabstück hinab in einen Ort. Da am Ende der Straße eine Kreuzung ist und vor der Kreuzung ein quer laufender Wasserablauf, bremse ich stärker als üblich. Das obligatorische „Klock“ kommt, aber diesmal höre ich dabei ein Geräusch als ob Metall auf den Boden fällt. Ich bremse weiter und der Wagen zieht hart nach rechts. Im Rückspiegel sehe ich so etwas wie ich eine Schraube liegen. Ein kurzer Gedanke schießt mir durch den Kopf. Bin ich nur drüber gefahren und die Schraube ist weggesprungen, oder ist das vielleicht meine und ich habe sie verloren? Ich setze zurück und packe die Schraube vorsichtshalber ein.

„Wie auf Eiern“ fahre ich weiter, denn nun wird jedes Bremsen mit einem Klacken bestätigt. „Nur nichts anmerken lassen“ und ein bisschen weniger Gas geben. Wir liegen gut in der Zeit. Die letzte GLP läuft nach Plan. Wir navigieren noch die letzten Aufgaben und treffen mit ein bisschen Vorzeit im Ziel ein.

Ich stelle das Auto auf dem Parkplatz draußen ab. Es gibt ein letztes Zielbier und anschließend Mittagessen im Hotel.

Dabei überlege ich, ob wir denn mit dem Auto so nach Hause fahren können. Es ist wieder Jörg, der mich auf den Parkplatz begleitet. Nele geht ins Schwimmbad und dann in die Sauna. Es regnet noch immer und nicht zu knapp. Ich knie mich vor das Auto und schaue mir die Sache von vorne/unten an. „Irgendwas an der Bremse“ hatte ich erwartet. Aber es ist der Vorderachs-Stabilisator, der auf der linken Seite nicht mehr fest sitzt. Die hintere Schraube hängt noch an ein paar Windungen, die vordere Schraube fehlt. Die Schelle schaut offen nach unten.

Ich hole die aufgesammelte Schraube (ca. M6x40 8.8) aus dem Handschuhfach. Sie passt. An dieser Stelle kann ich sie aber nicht mehr eindrehen. Die Schelle steht zu weit ab. In der Parklücke ist es auch zu eng um zu arbeiten. Hiltrud, Beifahrerin Team Adenau, schlägt vor, in die Garage zu fahren. Da sei es wenigstens trocken. Eine gute Idee. Beim Zurücksetzen aus der Parkbucht springt der Stabi komplett aus der Führung und das Rad sitzt eingeklemmt im Radkasten. Wenn das auf der Fahrt passiert wäre … Ende der Veranstaltung und je nach Fall auch Schlimmeres.

Ich habe keinen Wagenheber dabei, aber Jörg. Wir bocken den Wagen auf. Mit vereinten Kräften kommt das Rad an seine angestammte Position zurück. Dann setzen wir den Wagenheber unter die Schelle und heben so weit an, dass wir die Schrauben eindrehen können. Mit viel Gefühl ziehe ich die Schrauben an. Der Heimfahrt morgen steht nichts im Wege.

In der Zwischenzeit hängen die Ergebnisse aus. Wir haben heute entgegen unserer eigenen Messungen den Schnitt in der ersten GLP nicht gut gemacht. Es hagelt 81 Strafpunkte. So viele hatten wir die ersten zwei Tage zusammen nicht. 6 Strafpunkte kommen bei den ORI Aufgaben zusammen. Die 2. GLP verlief trotz technischer Probleme gut. Dennoch sind wir an diesem Tag noch auf dem 3. Platz gelandet. Sehr viele Teilnehmer hatten deutlich mehr Strafpunkte als wir. Die erste GLP war offensichtlich mörderisch.

Die Liste weist auch einen Gesamtsieger aus. Startnummer 8 führt mit deutlichem Abstand. Wir haben also tatsächlich die Europatour gewonnen!

Um 18 Uhr beginnt die Siegerehrung und danach gibt es ein Abendessen vom Buffet. Wir frönen ausgiebig dem Prosecco, dem guten Essen und freuen uns zusammen mit dem gesamten ABC Team über eine gelungene Veranstaltung. Das ABC Team hat die Teamwertung ebenfalls gewonnen. Team Adenau belegt den 4. Platz und Team Coburg konnte den Schnitzer des 1. Tages nicht mehr ausbügeln und kommt auf Rang 5.

Nachklapp

Heimreise Tag, Velden am Wörthersee, Sonntag, 8. Mai 2022

Wir haben nicht wirklich ausgeschlafen, denn der Weg zurück nach Appenheim ist lang. Zum Frühstück treffen wir uns ein letztes Mal mit dem Team. Packen, bezahlen, Team Foto mit der Drohne und ab auf die Autobahn.

MSC Bingen - ADAC - Europa Tour 2022 - Team ABC

An dieser Stelle ist mir ein Kommentar zu dem Hotel wichtig. Es ist mit einer Ausnahme wirklich perfekt. Diese Ausnahme ist leider die Chefin des Hotels, die die Angestellten in einer Art und Weise behandelt, dass man als Gast peinlich berührt ist und dem Angestellten eigentlich zu Hilfe eilen möchte. Dieses Verhalten ist allgemein nicht (mehr) angebracht und selbst in der Gastronomie zeugt es nicht von gutem Stil. Sie liest meine Zeilen sicherlich nicht, aber wenn Familie Wrann aus Velden einen Google-Alert hat, dann vielleicht doch.

Ansonsten verläuft die Rückreise recht ereignislos. Zwischenstopp in einem schönen Landgasthof in der Nähe von München. Spargel, junge Kartoffeln und ein kleines Kalbsschnitzel zu einem alkoholfreien Weißbier. Ich werde ja vielleicht doch noch zum Foodblogger?

Wir haben mit An- und Abreise 2130 km hinter uns gebracht. Der Wagen hat sich 176 l Super Benzin dafür genommen, was etwas über 8,2 l auf 100 km bedeutet. Für ein 52 Jahres altes, großes Auto wirklich nicht zu viel.

Ausblick auf die 18. Europa Tour im Jahr 2023

Selbstverständlich treten wir zur Titelverteidigung an. Es soll nach Elba geben. Wir lieben Italien und auf Elba waren wir noch nie. Die Vorfreude ist schon da.

Ford 17m P7b – Er ist da und bei der ADAC Klassik Meisterschaft

Nahetal Classic 2021 - Kilometer Ziel

Es gibt drei Läufe zur ADAC Mittelrhein Klassik Meisterschaft über die ich berichten kann. Coronabedingt alle kontaktlos, was der Freude und dem Spaß aber keinen Abbruch tut. Die „sportlichen“ Komponenten dfallen dabei größtenteils flach und die Veranstaltungen haben allesamt einen eher „touristischen“ Charakter.

Abholung in Bockenau

Fangen wir aber mal vorne an! Am 9. April darf ich mir einen Tag Urlaub nehmen. Heiko Will ist mit meinem 17m soweit, dass ich ihn abholen kann. Fleissige Leser dieses Blogs fiebern sicher schon ab dem 3. Update zum Artikel „3,2,1 … meins! Upps …“ mit. Die Abholung am 12. März hat der TÜV verhindert. Eine Warnblinkanlage (scheinbar in Frankreich 1970 noch kein Standard) muss noch nachgerüstet werden und ausserdem hat sich das Gestänge des rechten Scheibenwischers noch schnell verabschiedet. 3 Wochen später Ost es aber endlich soweit. Dauer: November 2019 bis April 2021.

Meine Frau bringt mich hin und dort steht er dann in voller Pracht. Die Rechnung ist noch nicht fertig und die CD zur Dokumentation auch nicht. Der Wagen ist vollgetankt und ich bekomme die Schlüssel und Papiere. Schnell noch mal auf die Hebebühne, damit ich mit die schöne Versieglung mit Wachs ansehen kann. Auch das komplett überholte Fahrwerk, und den revisionierten Motor kann ich mir von unten ansehen. Das Differential hinten ist abgedichtet und der Auspuff ist ab Krümmer ebenfalls neu. Es sieht alles auf den ersten und auch zweiten Blick echt chic aus. (Screenshots aus Video …)

ToDo

Es ist keine „einser Resto“ geplant und die wurde es auch nicht. Dieses Schicksal steht dem roten 17m bevor und der wird noch eine Weile dauern. Der weisse 17m hat noch immer seine ursprüngliche Patina. Hier und da gibt es noch ein bisschen Rost. Schlimme Stellen und Durchrostungen wurden fachmännisch geschweisst und beilackiert. Der südfranzösische Vorbesitzer hat offensichtlich auch hier und da mal mit der Dose nachlackiert. Der Lack ist in Summe ist alles andere als „toll“, aber hat Charme.

Die Innenausstattung ist „unangetastet“ aber in einem ordentlichen Zustand. Ich hörte „rot“ sei selten. Das merkt man schon daran, dass bei den einschlägigen Händlern dafür keine Ersatzteile gibt. Die Sonne hat alles etwas ausgeblichen, das Lenkrad ist abgegriffen und der Stoff des Fahrersitzes hat an einer Nahtstelle eine kleine Beschädigung. Die Mittelkonsole hat einen kleinen Riss auf dem Deckel, der Faltenbalg des Schalthebels ist porös. Es gibt an allen Ecken und Enden kleine Beschädigungen. Es ist kein Ausstellungsstück, es wurde benutzt.

Die Elektrik ist noch nicht zu 100% sauber, die Uhr und die Innenraumbeleuchtung zucken nicht. Die Tankanzeige zeigt nur 80% Füllstand an, obwohl kein Tropfen mehr rein geht. Die Instrumentenbeleuchtung ist mau.

Kilometer 70135

Der neue Auspuff mit dem V4 hat einen coolen Sound. Heiko Will fährt den Wagen von der Bühne auf den Hof. Nach dem Hinweis, nach der Revision die ersten 500 bis 1000 Kilometer noch sachte mit dem Motor zu sein, und dann zur 1. Inspektion zu kommen, ist die Übergabe perfekt. Noch ein paar Fotos für die Dokumentation und es kann losgehen. Ich „quetsche“ mich hinter das Lenkrad und dokumentiere den Kilometerstand.

Abholung des weissen Ford 17m P7b am 09. April 2021.

Handbremse los, Kupplung, der 1. Gang gleitet sanft wie Seide durch die Gasse rein, Kupplung (ist auch neu) kommen lassen und los geht die wilde Fahrt gen Appenheim. Der Wagen fahrt sich prima. Er liegt straff auf der Strasse. Der Motor klingt toll und zieht gut durch. Die Gänge lassen sich alle gut hoch wie runter schalten und die Bremse tut, für was sie konstruiert wurde.

Nahetal-Classic

Schon am nächsten Tag (10. April 2021) startet die Nahetal-Classic des SFT Brunkenstein-Kirn. Die Veranstalter widmen diese Fahrt dem verstorbenen Mitglied Claus Frohnhöfer, welcher viele Jahre lang für die Kirner und die Binger Motorsportfreunde ein guter Freund und Begleiter war. Er hat unter anderem auch die ADAC Klassik Veranstaltung „Rheinhessische Schweiz“ organisiert, an welcher wir regelmäßig auch teilnahmen. Wir sind für die Gruppe „Sport“ gemeldet und bekommend daher mehr ORI Aufgaben als Bildersuche. Der 17m hat keine 100 Meter Rolle. Das macht die Sache nicht einfacher. Bei Start und Ziel muss jeweils der Tacho mit Kilometerstand fotografiert werden. Je 100m Abweichung gibt es Strafpunkte. Das hatten wir so auch noch nicht.

Eine kleine „Unstimmigkeit“ in der Karte lässt uns mit dem Ford eine kleine „Off-Road“ Einlage machen. Als wir dann aber vor einem Waldweg, mit tief ausgefahrenen Fahrrinnen stehen, und es die Tage vorher ordentlich geregnet hatte, drehen wir um. Mit dem G wäre ich jetzt weiter gefahren, aber der Ford war schon auf dem Weg dorthin an seine Grenzen gestossen. Dreckig ist er dann jetzt auch.

In Erinnerung an die Mäuseturmklassik 2019 (die Tanknadel am G hing und uns ging der Diesel aus) wollte ich bei angezeigt weniger als einen halben Tank, gerne nachfüllen. Das gab Zeit für ein paar Fotos. Am Ende reicht es für uns nur für Platz 7.

Bertha‘s Enkel Landpartie

Eine Veranstaltung unseres Heimatvereins, des MSC Bingen. Wie immer hervorragend organisiert und durchgeführt von Tammo Voigt und seiner Frau Cora. Diese Veranstaltung fahren wir auch seid Jahren und immer mit viel Freude, denn die Strecken sind in der Regel wunderschön ausgesucht und abwechslungsreich.

Auch hier findet alles kontaktlos statt. Aber es gibt, mit Abstand, immerhin Sichtkontakt und auch Fahraufgaben. So startet die Rallye mit der Einhaltung des lang geübten Coronaabstandes von 1,5 zu einem aufgestellten Pfosten. Ich rede mich mal raus: … der Wagen ist neu … ich bin dieses Jahr noch nicht viel gefahren … die Sonne hat mich geblendet … was soll es .. 2,22m sind eine echte Blamage.

Es geht aber sehr erfreulich weiter. Die Strecke ist toll und an den Orten mit Aufgaben ist sehr viel Platz, so dass sich die Teams nie zu nahe kommen. Auch wenn die Fahrzeuge nebeneinander geparkt stehen, finden wir Dinge über Schloss Dhaun heraus und machen ein selbst mitgebrachtes Picknick mit Blick auf das Moseltal in der Nähe von Reil. An einem Selbststempler mache ich noch schnell ein Foto vom Motorraum für die Versicherung.

Zum Ende gibt es dann noch eine Schätzaufgabe. Ein Glas mit zwei Sorten Nudeln. Wie viele Nudeln sind von der 2. Sorte in dem Glas. Das Glas wird einmal vollständig um 360 Grad vor dem geschlossenen Fenster gerollt. Ich sage 50, Nele 38. Wir einigen uns auf 44. Es waren 100. Wir schliessen auf Platz 6. Immerhin einen besser als die Woche davor.

Weck, Worscht und Woi (ADAC Frühlingsklassik 2021)

Auch diese Veranstaltung wird vom MSC Bingen durchgeführt. Ins Leben gerufen, organisiert und durchgeführt von Dr. Klaus und Michaela Picard. Wieder findet die Veranstaltung kontaktlos statt. Freie Startzeit. Die Frühlingsklassik, wie sie auch heisst, ist seit Bestehen fester Bestandteil unseres Terminkalenders. Wegen des betont touristischen Charakters nehmen wir gerne mit der ganzen Familie teil. So auch diesmal und die Kinder freuen sich mehr als alles andere darüber, dass es hinten keine Anschnallgurte gibt. Ich denke schon über Nachrüstung nach …

Diesmal haben sich Klaus und Michaela ein paar ganz besondere Dinge ausgedacht. Wir zählen die Wasserhäuschen auf dem Weg. Rheinhessische Wasserhäuschen haben eine ganz typische Charakteristik und stehen entlang des Weges ausserhalb von Ortschaften. Im Stil des späten 19. Jahrhunderts erbaute kleine Gebäude mit Säulen und Kuppeldächern. Wir haben zwei übersehen. Ich kann es noch immer nicht nachvollziehen, groß genug sind sie doch. Es gab auch ein Bild zu suchen, genau 100ml aus einem Brunnen zu entnehmen, Napoleonische „Morsecodes“ zu entschlüsseln, die Himmelsrichtung des Schiefstandes eines Wehrturmes zu ermitteln und natürlich Weck und Worscht in Form Picknicks an einem selbst ausgesuchten Ort zu verkosten. Der Woi blieb zu … ich muss ja noch fahren.

Nach einem langen Tag, und weil es bei touristischen Veranstaltungen nicht auf Zeit geht, gönnen wir uns auf dem Weg zum Ziel noch ein Eis. Unsere Freunde vom MSC Adenau nehmen die Rückreise huckepack auf einem ADAC Laster in Angriff. Die Benzinpumpe hatte den Geist aufgegeben. Ziel war schliesslich der Parkplatz der Rheinwelle in Gau-Algesheim. Wir belegen den 4. Platz und bekommen den Zusatzpreis für das beste Familen-Team. Check!

Zurück in die Werkstatt

Nahezu tadellos hat sich der 17m geschlagen. Ich musste nur den Endtopf wieder ins Gummi einhängen. Ein komisch klingendes Geräusch bei einer starken Bremsung an der Vorderachse und die eine oder andere Tür die echt schlecht zugeht. Am Sonntag Abend bringen wir den Wagen wieder zu Heiko Will und er bekommt seine 1. Inspektion.

Die EUROPA Tour 2021 im Mai fällt aus. Wie auch die Adenau Klassik ausfällt. Die nächsten Veranstaltungen lassen ein wenig auf sich warten. Der Mai scheint jedenfalls frei davon. So werde ich wohl ein wenig Zeit in der Garage und/oder im Feld verbringen können. Da gibt es auch immer was zu tun …

Das Abenteuer Restaurierung beginnt …

Mein 17m

… am 27. April ist der 17m mit Ulf nach Grafschaft gefahren um dort die dringend notwendige Frischzellenkur zu bekommen. Wir haben ein Budget vereinbart und nun schauen wir mal dabei heraus kommt. Erste Handlung ist eine Runde Trockeneisstrahlen um den ganzen Unterbodenschutz aus dem Weg zu bekommen. Am 13.05. schauen wir uns das Desaster in Grafschaft an und dann werden Prioritäten festgelegt. Die Karosse braucht viel neues Blech und im Anschluss Farbe. Der Motor will mindestens ein paar neue Stirnräder, wenn nicht eine komplette Überholung. Das Fahrwerk braucht Zuwendung. Innen muss wenigstens der Fahrersitz repariert werden. Aber eigentlich müssen alle Sitze raus und überholt sowie neu bezogen werden. Von weitem sieht man es nicht, aber wenn man näher hinschaut merkt man schon wie viel Zuneigung der Wagen braucht. Sofern es etwas vom Fortschritt zu berichten gibt wird es hier berichtet werden….

Der Kauf

Es braucht einen Motor, vier Räder und muss mich von A nach B bringen – das war bislang meine Definition für ein Auto. Aber es gibt gute Gründe, warum sich das ändern kann.

Seit ich mit meinem Mann zusammen bin, erzählt man mir die Geschichte, er habe schon seit dem zarten Alter von drei Jahren auf der Autobahn aus 3 km Entfernung alle Fahrzeug-Hersteller samt Typenbezeichnung an den Rücklichtern erkennen können. Und tatsächlich hat seine Begeisterung für Autos ein klein wenig auf mich abgefärbt. Nicht, dass mich Hubraum oder Pferdestärken sonderlich interessieren würden und ich technische Informationen einen Tag später sowieso wieder vergessen habe. Aber es sind die Geschichten, die man mit einem Fahrzeug verbindet, die auch bei mir ein Verständnis für den Reiz alter Autos wecken.

Ob bei Familienfesten in Erinnerungen geschwelgt wurde, beim Betrachten der alten Super8-Filme meines Schwiegervaters oder beim Austausch mit anderen Auto-Narren – ein Fahrzeug kam bei meinem Mann immer wieder zur Sprache: der Ford 17M P7b. Wie mit strahlenden Kinderaugen berichtet er noch heute davon, dass er sich auf langen Urlaubsreisen auf der Rückbank zusammenrollte oder wie er zu Hause in der Einfahrt im Auto seines Vaters Autofahren spielte. Und schlussendlich auch davon, wie bitterlich er weinte, als das Familienauto eines Tages nicht mehr zu reparieren war und abgeholt werden musste.

Also wollte ich mich auf die Suche nach einem Ford 17M P7b machen. Ich stellte mich schon darauf ein, dass diese Suche länger dauern würde und wollte in den nächsten fünf Jahren (bis zum 50. Geburtstag meines Mannes) fündig werden. Aber es sollte anders kommen.

Ich sitze vor dem Rechner und surfe im Internet. Nur so zum Spaß klicke ich mich bei mobile.de durch die Website und gebe den Suchbegriff 17M ein. Ein Treffer. Wunderbar, den schaue ich mir doch mal an. Super, er ist rot. Das passt und gefällt mir. Die Fotos sehen schön aus, die Beschreibung ist knapp. Also gleich die ADAC-Kaufberatung aufgerufen. Rost ist das Hauptproblem beim P7b, damit habe ich gerechnet. Unter den Schwachpunkten finde ich aber auch Punkte wie Wagenheberaufnahmen, Novotex-Stirnräder und Fahrwerksbuchsen. Was soll ich denn damit anfangen? Natürlich kann ich den Verkäufer am Telefon danach fragen. Aber was, wenn ich die Antwort noch nicht einmal verstehe? Ich rufe trotzdem an, bekunde mein Interesse an dem Wagen, stelle ein paar unverfängliche Fragen und gebe zu, dass ich keine Ahnung von Autos habe. Da der Verkäufer mich freundlich darauf hinweist, dass es von Vorteil wäre, das Auto mal anzusehen, kümmere ich mich um einen Besuchstermin.

Der 17M steht zweieinhalb Stunden von uns entfernt. Da komme ich ohne den großen Aufwand, die Kinder wegzuorganisieren, nie hin und zurück, ohne dass mein Mann etwas merkt. Außerdem – was habe ich von einem Besichtigungstermin vor Ort, wenn ich als Laie den Wagen sowieso nicht beurteilen kann. Ein Experte muss also her. Der einzig mir bekannte Karosseriebauer empfiehlt mir seinen Oldtimer-Sachverständigen. Aber der müsste ja auch erst anreisen. Da fällt mir ein guter Freund ein, der in der Gegend wohnt. Schnell ist mit ihm ausgemacht, dass er und sein Kumpel sich den 17M am Wochenende ansehen. Ich bin erleichtert.

Während die beiden das Auto in Augenschein nehmen und mir die neuesten Infos zukommen lassen wollen, kann ich nicht telefonieren. Mein Mann ist zu Hause. Also werde ich per SMS auf dem Laufenden gehalten. Das Fazit: das Auto ist in Ordnung, zu dem Preis kann ich nichts falsch machen, ich soll zuschlagen. Am nächsten Tag schaffen wir es endlich unbemerkt zu telefonieren und ich kann anschließend den Verkäufer anrufen. Es gibt keinen Diskussionsbedarf, wir sind uns schnell einig und tags darauf bekomme ich den Kaufvertrag. Unterschrift drunter und fertig. Ich habe das erste Auto meines Lebens gekauft und kann es gar nicht fassen. Innerlich strahle ich wie ein Honigkuchenpferd.

Für mich ist so ein Autokauf Neuland. Wunschkennzeichen reservieren, Versicherung abschließen, zur Zulassungsstelle fahren … selbst das Schilder-Machen ist spannend. Und alles besonders aufregend, weil geheim.

Dann gehen ein paar Wochen ins Land, während der 17M noch friedlich im Rheinland steht. Nach Ostern ist es endlich soweit, der Wagen wird zu meinen Eltern geliefert, wo er bis zur Übergabe bleiben kann. Ich bin aufgeregt und darf mir nichts anmerken lassen. Außer meinen Eltern weiß keiner Bescheid, aber die werden von meiner Freude angesteckt und sind auch ganz gespannt. Und dann rollt er auf seinem Anhänger vor: ein Traum in rot. Und ich bin sofort in ihn verliebt. Als ich die Schlüssel in die Hand gedrückt bekomme, schlägt mein Herz schneller. Beim ersten Probesitzen versinke ich seufzend in den Kissen. Und als der Motor anspringt, klatsche ich vor Begeisterung wild in die Hände.

Nun steht die erste Probefahrt an. Nachdem der Motor ein paar Minuten warm gelaufen ist, rangiere ich das Schiff aus der Einfahrt. Eine ganz ordentliche Arbeit, so ohne Servolenkung. Ich schlage also den Weg zur Tankstelle ein (Bleiersatz habe ich schon besorgt) und stelle mir gleich die entscheidende Frage, wo der Tankdeckel ist. Also halte ich noch einmal an, um nachzusehen, denn ich will mir ja keine Blöße geben. Rechts ist er nicht – links aber auch nicht. Ups. Zuerst überlege ich, meinen Schwiegervater anzurufen. Der hatte ja einen 17M und muss es wissen. Aber zu Zeiten von google finde ich auch so schnell heraus, dass er hinterm Nummernschild versteckt ist. Na also. Auf dem Weg zur Tankstelle spüre ich schon die Blicke, die das Auto auf sich zieht. Dort angekommen, werde ich gleich in ein Gespräch verwickelt. Merke: wer einen Oldtimer fährt, darf nicht kontaktscheu sein.

Dann ist er da, unser 18. Hochzeitstag. Zufällig haben die Kinder frei und wir haben angekündigt, Markus zum Mittagessen abzuholen. Leider sind wir ein bisschen zu früh und drehen noch eine Runde, damit der Überraschungseffekt größer ist. Schon von Weitem sehen wir meinen Mann auf dem Parkplatz stehen. Erst schaut er in eine andere Richtung. Dann sieht er den P7b und guckt interessiert. Erst auf den zweiten Blick erkennt er, dass seine Familie in dem Wagen sitzt. Was in diesem Moment in seinem Kopf vorgeht, weiß ich nicht. Aber als ich ihm mit den Worten „Der ist für Dich“ die Schlüssel überreiche, ist er völlig überwältigt.

Später erfahre ich, dass er zuerst gedacht hat, wir hätten das Auto nur für einen Tag gemietet. Dass es wirklich seiner ist, kann er nicht fassen. Während des gesamten Mittagessens schüttelt er immer wieder ungläubig den Kopf. Auch ich grinse über beide Backen, denn der Plan ist aufgegangen – Überraschung gelungen!

Hochzeitstag

Mein 17m
Mein 17m

Es gibt Tage die man wahrscheinlich nie vergisst. Der Tag der eigenen Hochzeit ist sicherlich so einer. Aber auch der 18. Hochzeitstag wird in die Familiengeschichte eingehen. An diesem Tag bekam meine Garage unerwartet Zuwachs.

Die Geschichte wie meine Frau den Wagen gefunden, warum sie ihn gekauft und dann mir geschenkt hat, wird sie selbst erzählen müssen. Einen ähnlichen P7b kaufte mein Vater im Jahr meiner Geburt. Damals ein Auslaufmodell. Einen 17m mit 2 Türen, in diesem Rot und 75 PS mit manueller Gangschaltung. Ich habe meine halbe Kindheit in diesem Wagen verbracht und viele Erinnerungen an Urlaube nach Jugoslawien, Spanien, Frankreich, England. Autos gehörten leider nicht zu den Leidenschaften meines Vater, so wurde das Auto nicht oft abgelichtet. Aber ein paar Screenshots von alten Super 8 Filmen zeigen den 17m meiner Kindheit.

Nun habe ich einen sehr ähnlichen Wagen in meiner kleinen Sammlung und freue mich auf dieses Projekt.

Im Gutachten des TÜV bekam er eine Zustandsnote 3. Ich möchte behaupten es könnte auch eine 4 sein. Die Technik wurde bereits teilweise angefasst und repariert. Er hat TÜV bis 06/2018. Das Blechkleid ist in einem schlechten Zustand. Das Innenleben erscheint mir weitestgehend vollständig und dem Alter entsprechend. Mit etwas mehr als 41tkm (laut Gutachten möglich, Tacho aber 5 stellig) ein Leben lang in Familienbesitz einer „Ford“ Familie.

Familienbesitz von 1971 bis 2017

An der Quelle sitzend scheint schon sehr früh jemand die V4 und 17m Embleme gegen V6 und 20m Embleme getauscht zu haben. Der Wagen hat sicherlich eine Geschichte, der ich gerne auf den Grund gehen möchte. Ausserdem möchte ich ihn mehr oder weniger so belassen wie er ist. Er wird nicht restauriert, er wird repariert um seine Patina und seine Geschichte zu erhalten.

Nun bin ich auf der Suche nach Informationen, Literatur und Gleichgesinnten zu diesem Fahrzeug. Die Internetrecherche ergab auf Anhieb nicht viel. Das bin ich von meinen anderen Projekten anders gewöhnt. Aber ich bin mir sicher ich werde auch hier fündig. Zum einen weist die Ford Website erfreulicherweise Spezialisten aus, an welche man sich wenden darf. ( Habe ich auch schon getan und prompt Antwort erhalten! ? ). Zum anderen haben wir einen ausgewiesenen Ford und Oldtimer Spezialisten im Motorsport Club Bingen dessen Mitglied ich bin. Ich freue mich auch schon auf die erste Oldtimerrallye mit dem Wagen. Er scheint mir prädestiniert dazu.

Es wird ein spannendes Projekt und wie immer heisst es auch hier: Willkommen in meiner Garage!